Das Interview mit Heather (Witwe von Tony) - EXKLUSIV HIER AUF DEUTSCH!

 

 

v.l.n.r

 

Julia, Tony, Heather und Jefferson

 

Bild aus dem Buch "Tony and me" von Jack Klugman.

Der grosse Altersunterschied von Heather und Tony führte immer wieder zu Spekulationen. In diesem Interview aus dem Buch "Tony and me" werden keine Fragen ausgelassen und Heather gibt offen und ehrlich Antwort. Ich wünsche viel Vergnügen mit diesem exklusiven Interview auf Deutsch.



Burton: Wann haben Sie Tony das erste Mal getroffen?
 
Heather: Ich war Praktikantin am National Actors Theater. Ich hatte großen Respekt vor Tony, da ich seine Schauspielkunst bewunderte. Ich wollte ein gutes Verhältnis zu ihm haben, aber er hat mich ständig heruntergeputzt. Eines Abends habe ich meinen Vater angerufen und ihm erzählt, was für ein Blödmann Tony sei und dass ich daran dachte, zu kündigen. Aber am nächsten Tag hat sich Tony bei mir entschuldigt und war so freundlich, dass ich mich wegen des Anrufs bei meinem Vater schuldig gefühlt habe.

 


Burton: Warum fühlten Sie sich zu Tony hingezogen, immerhin war er fünfzig Jahre älter als Sie?

 

Heather: Wie kann ich es nur jedem verständlich machen? Er war wie ein Gott für mich. Er konnte sich über Musik unterhalten. Er konnte über Kunst reden. Auf der anderen Seite wusste er aber auch über Baseball Statistiken Bescheid. Er wusste, wer in der Worlds Series 1957 aufgeschlagen hatte. Er war die klügste Person, die ich je getroffen habe, aber er war zudem witzig. Glauben Sie es oder nicht, es ist sehr schwierig, einen Mann zu finden, der sowohl schlau als auch lustig ist. Tony war beides. Der Altersunterschied zwischen uns hat ihn vielleicht gestört, aber ich habe nie einen Gedanken daran verschwendet. Er war ein seltenes Exemplar von Mensch und ich hatte Glück, solange bei ihm zu sein.

 

 

Burton: Was war Tonys Kredo? Was war das Wichtigste für ihn?

 

Heather (nachdenklich): Meine Güte, es gibt so viele Dinge. Aber ich glaube, sie haben alle mit Respekt zu tun – akzeptiere Andere, respektiere deine Gefühle, halte fest zu deiner Familie, nehme auf Andere Rücksicht.


Burton: Was war für ihn der größte Erfolg?

 

Heather: (lachend) Oh, das ist einfach – unsere Kinder. Für ihn waren sie sein größter Erfolg. Er war stolz auf sein Theater, aber wenn die Kinder ins Spiel kamen – oh, sie haben alles überschattet.


Burton: Was im Einzelnen zeichnete Tony insgesamt als Mann aus?

 

Heather: (lacht erneut) Es würde eine Ewigkeit dauern, alles aufzuzählen. Wie alle interessanten Männer war er kompliziert – voller Gegensätze.
Normalerweise gingen wir in den besten und teuersten Restaurants in New York essen und er verschwendete nie einen Gedanken an die Kosten. Und doch, wenn er Fanpost bekam, auf der die Frankierung nicht entwertet war, hat er sie vorsichtig abgelöst und für das Versenden eines seiner Briefe verwandt.
Ein Wesenszug, den ich wirklich bewunderte, war die Art, wie er nach Rückschlägen wieder rasch auf die Beine kam. Er war unglaublich charakterfest. Egal, wie oft er niedergeschlagen wurde, er stand sofort wieder auf.

 

Burton: War Tony ein praktischer/mit-anpackender Vater? Konnte er mit den Kindern umgehen?

 

Heather: Vielleicht nicht wie die heutige Generation, aber er war ein ausgezeichneter Vater. Er war viel zu Hause und saß in diesem großen Sessel und las. Die Kinder vertrauten darauf, dass er bei ihrer Rückkehr von der Schule da sein würde. Er ging mit Julia das erste Mal in die Oper und saß am Boden in Jeffersons Zimmer und baute mit ihm LEGO-Türme.


Wissen Sie, ich habe nie gesehen, dass er ärgerlich wurde oder seine Geduld mit ihnen verlor. Er war immer liebevoll und warmherzig. Er hat sie vergöttert. Er fühlte, dass sie ein Geschenk waren, das er nie erwartet hatte. Sie vermissen ihn schrecklich, obwohl sie so klein waren. Immer, wenn ich an all das Wissen denke, das er ihnen hätte vermitteln können, all die Bildung, werde ich sehr traurig.

 


Burton: Hat er jemals über Jack Klugman gesprochen?

 

Heather: Oh, ständig. Er sprach laufend von ihm. Er bewunderte ihn. Für ihn hat Jack eine Menge Stärke gezeigt, als er die Benefizvorstellung von TOC nach dem Verlust seiner Stimmbänder meisterte. Ich denke, dass sie gegenseitig das Beste auseinander herausholten. Sie wetteiferten miteinander, aber in einem positiven Sinne. Wer sie nicht in „The Sunshine Boys“ erlebte, verpasste ein besonderes Vergnügen.

 

 

Burton: Wie lange dauerte es vom ersten Date mit Tony bis zur Hochzeit?
 
Heather: Ich schätze etwa 2 Jahre. Wir lebten ein Jahr zusammen.

 

Burton: Wie hat Tony um Ihre Hand angehalten?

 

Heather: (lacht) Es war sehr unromantisch. Ich wollte heiraten, aber er sorgte sich ständig darum, was die Leute bezüglich unseres Altersunterschiedes reden würden. Dann bekam er die Grippe. Ich habe mich um ihn gekümmert. Ich habe mich immer um ihn gekümmert, aber ich schätze, die Tatsache, dass er aus dem Verkehr gezogen war und das ganze Drumherum haben ihm die Sachlage klarer gemacht. Er sagte sehr beiläufig: „In Ordnung, lass uns heiraten“. Wir wollten ins Rathaus gehen, aber ein Freund sagte: „Ihr zwei könnt nicht einfach ins Rathaus gehen und heiraten. Ich werde dafür sorgen, dass Bürgermeister Giuliani Euch traut“. Bürgermeister Giuliani war ein guter Freund von uns und hat anlässlich Tonys Beerdigung eine schöne Rede gehalten. Jedenfalls hat er uns getraut.

 

 

Burton: Wie war es, mit Tony verheiratet zu sein?

 

Heather: Es war angenehm, sehr angenehm.

 


Burton: Waren Kinder Bestandteil Ihrer Lebensplanung?

 

Heather: Erst nach unserer Heirat, aber nachdem wir den Bund fürs Leben geschlossen und darüber gesprochen hatten, haben wir uns dazu entschlossen, es zu versuchen. Wir haben nie mit Erfolg gerechnet. Aber Gott Sei Dank hat es geklappt.

 

 

Burton: Wie war seine Reaktion, als Sie ihm sagten, Sie wären schwanger?

 

Heather: Typisch – die Tatsache, dass er Vater wurde, hat ihn sowohl überrascht als auch erfreut. Wir waren in London, wo er und Jack TOC am Haymarket Theatre spielten. Jack liebt es, diese Geschichte zu erzählen. In der Nacht, als ich Tony von meiner Schwangerschaft erzählte, passierte laut Jack folgendes: Tony klopfte an seiner Garderobentür und als Jack öffnete, stand Tony dort mit breitem Grinsen und sagte: „ Die Ausrüstung funktioniert!“

 


Burton: Hat Tony je darüber gesprochen, dass er nicht miterleben würde, wie die Kinder aufwachsen?

 

Heather: Manchmal hat er darüber gesprochen, aber ohne Wehmut. Wissen Sie, er wusste nicht, wie sehr er sie lieben würde. Als es ihm klar wurde, wollte er sie in den verschiedenen Lebensphasen begleiten. Er wollte nicht, dass sie ihn vergessen – dies war ihm sehr wichtig. Ich werde dafür sorgen, dass es nicht passiert.

 

 

Burton: Was haben sie zusammen unternommen?
 
Heather: Er ging mit Julia in die Oper und zu Tonys Überraschung hat sie es geliebt. Er ging mit ihr hinter die Bühne, um die Sänger zu treffen. Tatsächlich hat sie ihn darum gebeten, sie in die Oper mitzunehmen. Er hat ihr einige Arien beigebracht und sie sangen italienische Duette am Esstisch. Es war beeindruckend. Jefferson andererseits liebte Spielzeug und Spiele. Tony setzte sich auf dem Boden und spielte jedes Mal stundenlang mit ihm.

 


Burton: Das hört sich aber für mich nach einem sehr praktischen/mit-anpackenden Vater an.

 

Heather: Stimmt – jetzt, wenn ich darüber rede, schätze ich, dass er ein praktischer/mit-anpackender Vater war. Er nahm sie sogar zu den Baseballspielen der Yankees mit, Hot-dogs usw. inklusive.

 


Burton: Haben die Kinder gewusst, wie krank er war? Haben sie ihn im Krankenhaus besucht?

 

Heather: Ja. Sie haben ihn ziemlich oft besucht. Zuerst waren sie ängstlich. Er war sehr abgemagert und sie hatten ihn zuvor noch nie so schwach gesehen. Aber nach einigen Besuchen hatten sie sich an sein Aussehen gewöhnt und waren nur noch froh, ihn zu sehen. Tony hat nie seinen Blick von ihnen gewandt – er hat sogar gelächelt, wenn es ging.

 


Burton: War es ihnen bewusst, dass er sich vielleicht nicht erholen würde, dass er sterben könnte oder waren sie zu klein?

 

Heather: Sie waren zu klein. Als der Arzt mir sagte, wie krank Tony wirklich war, habe ich es ihnen behutsam beigebracht, da ich sie auf das, was immer passieren könnte, vorbereiten wollte. Mein Gott, sie wussten nicht, was Leben heißt. Wie konnte ich erwarten, dass sie den Begriff Tod verstehen würden? Als Tony starb, sagte Jefferson, er würde eine besondere Maschine besorgen, die ihn zum Himmel bringt, damit er seinen Vater besuchen kann. Julia hat sich geweigert, sich damit zu befassen. Sie wollte die Wahrheit nicht erkennen, aber jetzt können wir darüber reden. Julia fängt an, sein Fehlen zu akzeptieren. Jefferson ist immer noch sehr wütend.

 


Burton: Und Sie? Haben Sie seinen Tod verkraftet?

 

Heather: Ich habe nur gelebt. Ich stehe morgens auf und lebe einfach mein Leben. Wenn man so etwas durchmacht, erkennt man seine wahren Freunde. Viele, viele Menschen waren für mich da und ich liebe und schätze sie alle. Manche Menschen waren nicht so nett und – ehrlich gesagt – schätze ich sie auch, weil sie mich gezwungen haben, an Stärke zu gewinnen. Sie haben mich gezwungen, erwachsen zu werden. Ich vermisse ihn. Ich vermisse alles an ihm: seine Weisheit, seine Stärke, seinen Humor – aber am meisten seine Liebe.